Gott lag bäuchlings auf einer Wolke und starrte auf die Erde.
Diese Menschen! Diese Menschen! Schimpfte er. Ich hatte mir alles so schön und friedlich ausgedacht. Und was ist jetzt – Beschwerden, nichts als Beschwerden. Anstatt zu schöpfen, wie es sich für Gott gehören würde, muss ich mich mit dem Kleinkram herumschlagen. Es ist ein Kreuz mit den Menschen!
Gott setzte sich auf und rief nach Herbario, dem Kräuterengel. Herbario, sagte er, ich hab schon wieder eine Antrageliste für neue Kräuter bekommen. Wir müssen uns wohl was einfallen lassen.
Hebario nickte – er war die Hektik ja gewöhnt, er war einer der meistbeschäftigten Engel im Himmel.
Nun höre die mal das an! Wetterte Gott und schlug auf die Wolke, dass ihr ein Donner entfuhr.
Bitte ein Wundermittel gegen Bauchweh und Blähungen! Wundermittel wollen sie alle haben – fressen wie die Verückten und dann verlangen sie von uns ein Zauberkraut!
Also, Herbario, mix ihnen halt in meinen Namen ein edles Kraut – elende Menschen elende!
Und Herbario notierte.
Bitte, bitte etwas zur Wundheilung. Schlagen sich gegenseitig die Schädel ein, erfinden Kriege und raufen und streiten. Und dann in die Kirche und beten und bitten! Hast du's notiert Herbario? Ja Gott, ich habe es notiert.
Husten! Da zaubern wir tausend Kräuter aus dem Himmel gegen Husten, aber sie haben immer noch nicht genug. Aber rauchen!
Dieses Rauchen ist die Pest! Herbario, können wir nicht ein Kräutl gegen das Rauchen erfinden?
Das würde nichts nützen, Gott. Sie würden dann das Kraut rauchen.
Du hast leider recht, Herbario, diese verd.... Menschen!
Aber es hilft nichts, sich zu ärgern, machen wir weiter: etwas gegen Müdigkeit. Dafür wollen sie jetzt auch schon ein Kraut. Sollen mehr arbeiten – Herbario, machen wir ein Kraut. Sollen früher ins Bett und früher aufstehen. Sollen mehr arbeiten und weniger saufen. Ach, es hilft ja nichts – Herbario, machen wir ein Kraut, damit sie uns nicht das Frühjahr verschlafen.
Da schreibt einer: etwas für die Suppe! Ja, spinnen die? Für die Suppe! Ich rege mich zu sehr auf – Herbario, etwas für die Suppe.
Jawohl, Gott, Kraut gegen Müdigkeit, Kraut für Suppe. Wird erledigt. Noch was?
Ja. Das steht nicht auf der Liste. Das braust du für mich zusammen. Schau sie dir an die Menschen, Herbario, schau sie dir an. Diese verkniffenen Gesichter, richtig hässlich sind sie geworden. Kein Wunder, ärgern sich hetzen sich ab, lügen , sündigen, das rächt sich eben irgendwann.
Mach ihnen ein Kraut fürs Gesicht – es reicht, wenn mir vor ihren Seelen graust. Und beeil dich bitte, ich habe keine Lust mehr, diese unlustigen Figuren um mich zu haben.
Herbario eilte in sein Wolkenlabor und begann mit dem Auswählen, dem Suchen und Mischen der Grundstoffe. Nach tagelanger Arbeit hatte er es geschafft: Vor ihm lagen Samen für fünf neue, edle Kräuter. Und ein jedes erfüllte genau die Aufgabe, die ihm Gott zugedacht hatte.
So, nun noch ein Strahlex an die Pflanzenelfen, damit sie ihre neuen Schützlinge in Empfang nehmen können:
erbitte Treffen bei Vollmond unter der Eiche hinter Frau Hunkas Haus in Schwarzau zwecks Übergabe von fünf neuen Kräutern.
Herbario – Kräuterengel
Da Gott sehr viel an den neuen Pflanzen lag, hatte er Herbario gebeten, sie persönlich auf die Erde zu bringen. Sie sind zu edel, wir sollten kein Risiko mit ihnen eingehen, sagte er, klopfte seinem Kräuterengel auf die Flügel und wünschte ihm eine erfolgreiche Reise. Herbario kam etwas zu früh zum vereinbarten Treffpunkt unter der Eiche hinter Frau Hunkas Haus in Schwarzau. Es war eine sternenklare Vollmondnacht, der Engel tratschte ein bisschen mit dem Mond und sie tratschten und tratschten und plötzlich erinnerte sich Herbario, dass er ja aus einem anderen Grund hier war. Er schaute auf die Sternenuhr und erschrak: was? Zehn Minuten nach eins und wir waren um Mitternacht verabredet. Wo sind denn diese Elfen! Er flatterte aufgeregt um die Eiche, aber keine Spur einer Elfe. Da sah er auf dem untersten Ast des Baumes eine kleine Fee sitzen. Wer bist du? Dich kenne ich ja gar nicht. Ich.ich..bin, stotterte das winzige Ding, ich...
Nun beruhige dich erst mal, sagte Herbario gütig und setzte sich die Fee in die Hand. Die grossen Elfen haben mich hergeschickt. Aha, du sollst wohl ausrichten, dass sie sich ein wenig verspäten werden, nicht?
Nun , sie sagten...ich meine ...sie...Ich soll sagen , sie kommen nicht.
Wie bitte!? Was heisst, sie kommen nicht?! Herbario war leicht erregbar und ein bisschen jähzornig.
Sie sagten, sie kommen nicht, weil sie schon genug Arbeit haben und weil es ihrer Meinung nach schon genug Kräuter gibt und sie sagten, sie hätten es satt, für die Menschen Kräuter zu pflegen und die Menschen würden diese Geschenke gar nicht annehmen.
Herbario bekam einen knallroten Kopf und schrie los: Das ist Befehlsverweigerung! Das ist eine ungeheuerliche Schweinerei! Wenn das Gott erfährt, dann gibt es nicht nur Blitz und Donner, sondern eine Umweltkatastrophe. Sie weigern sich also. Höre Fee: ich übergebe die jetzt dieses Kistchen mit den Samen für fünf neue Kräuter. Das bringst du unverzüglich deinen Kolleginnen. Und die werden sich sofort - hörst du? – sofort darum kümmern, klar!
Aber ich darf doch nicht... – Ich, Herbario,oberster Kräuterengel, befehle es dir.
Du fliegst los und bringst ihnen die Samen. Ich werde inzwischen versuchen, die Sache vor Gott zu vertuschen.
Herbario legte das Kistchen in die Hände der kleinen Fee und startete wie eine Rakete in Richtung Himmel. Das kleine Wesen stand ganz zittrig mit der Kiste in den Armen da und wusste nicht, wie ihm geschah. Vorsichtig hob es ab und steuerte auf den Wald zu, wo die Elfen alle bei irgendeinem Fest eingeladen waren. Hätte Herbario auch das noch erfahren, wäre es überhaupt aus gewesen.
Die Fee flog über das Schulhaus, kreuzte dann den Bach und flog bis zur Mühle. Dort bog sie scharf nach rechts und flog in etwa fünf Meter Höhe über die grosse Scherrwiese. Plötzlich kam von links ein total betrunkener Specht angerast und rammte die Fee, dass sie sich mehrmals überschlug und samt dem wertvollen Kistchen zu Boden fiel. Der Flugrowdy hielt nicht eimal an, um Erste Hilfe zu leisten, sondern flog im Zickzack und mit wildem Gesinge davon.
Zum Glück war die Fee im hohen Gras gelandet und unverletzt geblieben. Sie rappelte sich hoch, suchte das Kistchen, fand es und erstarrte vor Schreck: der Deckel war aufgesprungen und die Kiste war... leer! Himmel die Samen! Das ist das Ende! Dachte die Fee und wühlte sich durch das Gras, um die Samen zu finden. Aber natürlich vergebens: himmlische Erstsamen springen sofort auf, sobald sie die Erde berühren. Nur noch ein Wunder kann mich retten, seufzte die Fee und legte sich an der Unfallstelle ins Gras, um sich gleich beim ersten Tageslicht auf die Suche machen zu können.
Als Herbario im Himmel erschien, lag zu seinem Schreck, Gott bäuchlings auf einer Wolke und schaute zur Erde hinunter. Hallo, Herbario, alles in Ordnung? Ja, Gott. Ich soll Grüsse vom Mond bestellen. Herrliche Nacht, heute nacht, nicht? Ja Herbario, herrlich zum Träumen. einen Schweissausbruch, beugte sich ebenfalls über die Wolke und sah unten auf die Erde die Fee und neben ihr das Kistchen und...- Mein Gott, die Samen, wo sind die Samen? – Beruhige dich, Herbario, während du rot vor Wut Die kleine Fee gefällt mir. – Wie? Welche kleine Fee?
Schau wie sie süss im Gras liegt und sich Gewissensbisse macht. Herbario bekam und Aufregung warst, habe ich die Sache in die Hand genommen. Es ist schon alles so, wie es sein soll. Komm morgen früh vorbei, dann zeige ich es dir!
Am nächsten Morgen schauten Gott und Herbario auf die Wiese.
Diese Blume ist dir wirklich hübsch gelungen, lobte Gott seinen Kräuterengel.
Diese Blume? Es waren doch fünf. Fünf edle Kräuter, wo sind sie?
Reg dich nicht gleich so auf – es ist schon alles so , wie es sein muss.
Als die Fee stürzte, flogen die Samen aus der Kiste und so unglücklich, dass sie alle zusammen an einem Punkt aufschlugen – jetzt haben wir ein Kraut, aber das hat es in sich! Gut, was?
Gehe ich recht in der Annahme, sagte Herbario streng, dass dieses <unglücklich< nicht ganz von allein zustande kam...
Gott lächelte und wandte sich wieder seiner Erde zu. Herbario, sagte er, nimm dir einen freien Tag, den hast du verdient. Mit diesem Kraut dort unten, dem Gotteskraut, werden wir uns viel Arbeit ersparen!